Vorlesen lernen

Allgemeiner Überblick

Kinder brauchen Geschichten – Kinder brauchen Bücher!
Was Vorlesen, Lesen und Erzählen bei Kindern fördert bzw. bewirkt

  • Nähe zur vorlesenden Person, entspannende Atmosphäre, Ruhe
  • Schulung von Wahrnehmung, Konzentration und Gedächtnis
  • Verbindung von emotionalem und kognitiven Lernen
  • Anregung von Kreativität und Phantasie
  • Unterstützung der Sprachentwicklung, Erweiterung des Wortschatzes
  • Förderung der Urteils- und Kritikfähigkeit durch Auseinandersetzung und Gespräch
  • Schulung von Selbst- und Fremdwahrnehmung
  • Vermittlung sozialer Kompetenz durch Perspektivübernahme und Identifikation
  • schafft Grundlagen für Lese- und Medienkompetenz
  • erweitert Wissen und weckt Neugierde
  • Spaß und Freude

1. Rahmenbedingungen des Vorlesens

Vorlesen kann man fast immer und überall

Ob eine Vorlese- oder Erzählstunde jedoch für beide Seiten zum Vergnügen wird, hängt von verschieden Faktoren ab:

  • Auswahl der Geschichte
  • Wem wird vorgelesen (Zielgruppe)
  • Ort und Zeit des Geschehens
  • Eigene Vorbereitung
  • Art und Weise der Darbietung
  • Sicherheit im Umgang mit unterschiedlichen Zielgruppen und Schwierigkeiten
  • Vorleseorte
    – Kindergarten, Schule, Bibliothek, Krankenhaus, Gemeindezentrum, Elternhaus …

 

  • Räumlichkeiten – Atmosphäre
    – Raum (Leseraum, Ruheraum, Leseecke …)
    – Ausstattung (Licht, Sitzgelegenheit, Tische, Beschäftigungsmöglichkeiten …)
    – Atmosphäre (Ruhe, Farben, Einstimmung durch Musik, Bilder, Kerzen …)

 

  • Zeit
    – Vorlesen als Ritual (gleiche Zeit, gleicher Ort …)
    – Zeiteinteilung für Vorlesestunden
    – Vorlesen als Auftakt zu Themenbearbeitung, Veranstaltungen …
    – Tageszeit (Tagesanfang, Ruhezeit, Abend, spontan …)

 

  • Inszenierung
    – Vorankündigung (Aushang, Elterninformation über Thema und Buchtitel, Nachbereitung
    durch Auslegen des Buches, Ausstellung, Vorführen eines Rollenspiels …
    – Raumgestaltung, Utensilien und Material
    – kreative Umsetzung der Geschichte
    – Vorleser/in (Kleidung, Ausstrahlung, Körpersprache …)

2. Praxis des Vorlesens und Vorlesetechnik

  • Regel L – L – D Laut – Langsam – Deutlich
  • Blickkontakt halten
  • Pausen bringen Lebendigkeit und Spannung
  • Mimik und Gestik sparsam einsetzen, sie begleiten und unterstreichen den Text, Geschichte steht im Mittelpunkt
  • Betonung: dezente Betonung, Tonart der Geschichte wiedergeben, Steigerungsmöglichkeiten berücksichtigen.
  • Wörtliche Rede
    – Betonung des Charakters oder Stimmung der handelnden Person
    – Personen werden mit unterschiedlichen Stimmen belegt
  • Textlänge und Dauer des Vorlesens nach den Zuhörern ausrichten.
  • Veränderung des Lesetempos zeigt Entwicklung oder Spannungsmomente an
  • Wechsel von Vorlesen und Erzählen aktiviert Aufmerksamkeit
  • Geduld und Zeit haben für Zwischenfragen, Ergänzungen und Erklärungen. Aktivieren Sie selbst durch Fragen.
  • Freiwilligkeit ist oberstes Gebot! Nicht um jeden Preis zu Ende lesen, wenn Konzentration nachlässt.
  • Hemmungen sind normal. Kleine Gruppen und gute Vorbereitung helfen über manche Klippe hinweg

3. Tipps für die eigene Vorbereitung

Die eigene gute Vorbereitung ermöglicht spontanes Reagieren auf Reaktionen der Zuhörer/innen. Mit wachsender Erfahrung reduziert sich die Vorbereitungszeit.

  • Unterschiedliche Vorlesesituationen
    – geplant (z.B. vorgegebenes Thema)
    – ungeplant (Zuhörer wünscht sich Geschichte)
  • Wahl der Vorleseart
    – reines Vorlesen
    – darstellendes Vorlesen (Begleitung durch Gegenstände usw.)
    – aktivierendes Vorlesen (Reime, Wiederholungen werden mitgesprochen)
  • Auswahl des Textes: Gedichte, Geschichte, Bilderbuch usw.
  • Genaue Kenntnis des Textes (Stolperfallen – Fremdwörter usw.)
  • Text laut lesen (Tonbandübung mit Uhr)
  • Vorherige Betrachtung der Bilder bei bebilderten Texten
  • Rhythmus und Stimmung der Geschichte (wichtig für Betonung)
  • Länge der Geschichte (muss gekürzt, ergänzt oder geändert werden?)
  • Markierungen anbringen und Notizen machen
  • Begleitende Utensilien und Materialien frühzeitig besorgen. Bastelidee oder Spiel vorher unbedingt erproben (Schwierigkeiten und Zeit)
  • Einführung und Schluss vorbereiten

4. Wer sind meine Zuhörer?

  • Ausgehen vom situationsorientierten Ansatz! Zuhörer da abholen, wo sie stehen.
  • Welche Rezeptionsbedingungen im sozialen, kognitiven, emotionalen und sensorischen Bereich finde ich vor?
  • Möglichkeiten aktiver Beteiligung

Vorschulkinder

  • Grad der Wahrnehmungsfähigkeit (sinnhaftes Verstehen)
  • Grad der Konzentrationsfähigkeit
  • Gedächnisleistung (z.B. Erinnerungsvermögen)
  • Grad der Phantasie und Vorstellungsfähigkeit (innere Bilder)
  • Grad der Kombinationsfähigkeit (z.B. Verbindung Bild und Text)
  • Umfang der Kenntnisse über die natürliche und soziale Umwelt
  • soziale Erfahrungen mit sich und anderen
  • Stand der Sprachentwicklung (sprachliches Verstehen)
  • Deutschkenntnisse

Schulkinder

  • wie oben
  • Grad der Vorlese- und Leseerfahrung
  • Entwicklungsbedingte Problemkreise (Übergang von der magisch- realistischen Welt in die realistische Welt)
  • Ablösung von primären Bezugspersonen
  • Erweiterung des sozialen Bezugsfeldes
  • Grad der Ausbildung eigener Interessen (Hobby)